Gesetzliche und vertragliche Obliegenheiten des Versicherungsnehmers und Folgen von Verstößen

Inhaltsübersicht


Rechtspflichten – Zahlung der Versicherungsprämien

Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die vereinbarten Prämien fristgerecht zu bezahlen. Gerät er in Verzug, kann das den Versicherungsschutz gefährden. Von maßgeblicher Bedeutung ist dabei, ob der Versicherungsnehmer mit dem Erstbeitrag oder dem Folgebeitrag in Verzug gerät. Wird der Erstbeitrag nicht gezahlt, tritt der Versicherungsvertrag nicht in Kraft. Das gilt nicht nur für die KFZ-Versicherung: Der Erstbeitrag gilt als notwendige Bedingung für den Beweis dafür, dass der Versicherungsnehmer tatsächlich willens und in der Lage ist, die Versicherung abzuschließen und die Prämien zu bezahlen. Wird der Erstbeitrag nicht fristgerecht gezahlt, erlischt auch die vorläufige Deckung gemäß B.2.1 AKB 2008 rückwirkend. Das bedeutet: Befindet sich der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls mit dem Erstbeitrag im Zahlungsverzug, besteht kein Versicherungsschutz! Der Erstbeitrag muss binnen 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins gezahlt werden. Bei Folgebeiträgen sind die Folgen eines Zahlungsverzugs weniger drastisch. Der Versicherer muss zunächst eine qualifizierte Mahnung mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist zustellen. Sind die fälligen Prämien nach Ablauf der zweiwöchigen Zahlungsfrist nicht gezahlt, erlischt der Versicherungsschutz (nicht der Vertrag!). Der Versicherer kann den Vertrag nach Ablauf der Zahlungsfrist mit sofortiger Wirkung kündigen. Die Kündigung wird  unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer alle offenen Forderungen binnen eines Monats nach dem Zugang der Kündigung bezahlt. In der Zwischenzeit besteht kein Versicherungsschutz. (C.2.2. Bis C.2.4 AKB 2008).

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Obliegenheiten vor dem Versicherungsfall

Obliegenheiten sind Pflichten, deren Verletzung zum Verlust des Versicherungsschutzes führen können. Im Gegensatz zu Rechtspflichten sind Obliegenheiten nicht einklagbar. Der Versicherer kann Obliegenheitsverletzungen ausschließlich durch eine Einschränkung oder die Aufhebung des Versicherungsschutzes sanktionieren. Wird hingegen der vertraglich vereinbarte Beitrag nicht gezahlt, muss der Versicherungsnehmer mit einer Zahlungsaufforderung bis hin zu einem gerichtlichen Mahnverfahren rechnen. Der Versicherungsnehmer verletzt Obliegenheiten, wenn er
  • Einen neuen Zustand erhöhter Gefahr schafft oder dies zulässt
Eine Gefahrerhöhung im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes liegt zum Beispiel vor, wenn  der Versicherungsnehmer die Kontrolle der Profiltiefe der Fahrzeugreifen unterlässt und diese unter das gesetzliche Minimum von 1,6 Millimetern fällt. Auch vermeintlich kleine Regelverstöße können eine Gefahrerhöhung darstellen, wenn sie regelmäßig erfolgen. Das gilt etwa für regelmäßiges Fahren ohne Brille, obwohl deren Nutzung im Führerschein vermerkt ist oder das regelmäßige Überladen des Fahrzeugs.
  • Das Fahrzeug zu einem nicht versicherten Zweck einsetzt 
Die Verwendung des Fahrzeugs ist nur zu dem im Versicherungsvertrag angegebenen Verwendungszweck zulässig. Ist eine private Verwendung vereinbart, verstößt der Versicherungsnehmer gegen seine vertraglichen Pflichten, wenn er andere Personen gegen Entgelt befördert oder Dritten das Fahrzeug gegen Entgelt überlässt. In der Praxis kommt es vor allem im Zusammenhang mit Wohnmobilen zu Pflichtverletzungen, weil Versicherungsnehmer (oft ohne böse Absicht) Dritten ihr Fahrzeug gegen eine Gebühr zur Verfügung stellen. 
  • Das Fahrzeug wissentlich ohne Fahrerlaubnis führen lässt 
Bewegt der Fahrer das Fahrzeug ohne gültige Fahrerlaubnis im Verkehr, hat er keinen keinen Versicherungsschutz. Auch Halter oder Eigentümer büßen ihren Versicherungsschutz ein, wenn sie das Fahrzeug einer Person zum Fahren überlassen, ohne die Existenz einer Fahrerlaubnis zu prüfen. 
  • An nicht genehmigten Rennveranstaltungen teilnimmt 
Die Teilnahme an nicht behördlich (!) genehmigten Rennveranstaltungen ist nicht versichert. Das gilt auch für zugehörige Übungsfahrten. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein Rennen „wild“ auf einer Autobahn oder Landstraße stattfindet oder ob im privaten Rahmen Örtlichkeiten angemietet werden (zum Beispiel landwirtschaftlich genutzte Wege). Wenn keine behördliche Genehmigung vorliegt, handelt es sich um eine Obliegenheitsverletzung. Liegt eine behördliche Genehmigung vor, handelt es sich um einen Ausschluss.
  • das Fahrzeug unter Alkohol- oder Drogeneinfluss führt 
Der Versicherungsnehmer darf das Fahrzeug nicht fahren, wenn er unter dem  Einfluss von Alkohol oder Drogen steht. Er darf es auch nicht durch Dritte fahren lassen, die unter einem derartigen Einfluss stehen. Für Alkohol ist insbesondere eine Blutalkoholkonzentration ab 1,1 Promille relevant – ab dieser Grenze liegt definitiv Fahruntüchtigkeit vor, die nicht näher nachgewiesen werden muss. 
  • das Fahrzeug im Vertragszustand der Ruheversicherung bewegt 
Wird das Fahrzeug vorübergehend (mindestens zwei Wochen, höchstens 18 Monate) stillgelegt, geht der Versicherungsvertrag in die beitragsfreie Ruheversicherung über. In diesem Status muss das Fahrzeug auf einem umfriedeten Abstellplatz oder in einer Garage abgestellt werden. Fährt der VN trotzdem, ohne den Versicherer zuvor über die Wiederinbetriebnahme zu informieren, besteht kein Versicherungsschutz. Der Versicherer kann die Entschädigung  nur verweigern oder kürzen, wenn zwischen der Obliegenheitsverletzung und dem Schadenereignis ein kausaler Zusammenhang besteht. Zusätzlich muss der den Vertrag dann kündigen. In welchem Umfang die Entschädigung wegfällt, hängt vom Wesen der Pflichtverletzung ab. Wurde diese vorsätzlich begangen, ist der Versicherer leistungsfrei. Wurde eine Pflichtverletzung grob fahrlässig begangen, darf der Versicherer seine Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Verschuldens (je nach Sachlage um bis zu 100 Prozent) kürzen.

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Obliegenheiten im Versicherungsfall 

Auch bei Eintritt des Versicherungsfalls muss der Versicherungsnehmer verschiedene vertragliche Pflichten erfüllen, um seinen Versicherungsschutz nicht aufs Spiel zu setzen. Gemäß Abschnitt E.1.und E.2 AKB 2008 muss er insbesondere
  • Jedes potenzielle Schadenereignis binnen einer Woche anzeigen
  • Zusätzlich behördliche Ermittlungen und deren Stand zu melden
  • Lange genug am Unfallort bleiben, um alle erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen
  • Alle Fragen des Versicherers zu den Schadenumständen wahrheitsgemäß beantworten
  • Bei Eintritt des Schadenereignisses den Schaden nach Möglichkeit zu mindern und abzuwenden
  • Gegen sich selbst (gerichtlich oder außergerichtlich) geltend gemachte Ansprüche binnen einer Woche anzeigen
  • Dem Versicherer die Führung von Rechtsstreitigkeiten überlassen
  • Gegen Mahnbescheide und behördliche Bescheide Widerspruch einlegen
Verstößt der Versicherungsnehmer im Versicherungsfall vorsätzlich gegen eine Obliegenheit, verliert er seinen Versicherungsschutz. Die Kausalität spielt bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen im Versicherungsfall keine Rolle. Ein vorsätzlicher und damit für den Versicherungsnehmer besonders folgenreicher Verstoß liegt beispielsweise bei Fahrerflucht vor. Anders bei einer grob fahrlässigen Verletzung: Hier darf der Versicherer die Leistung nur kürzen, wenn das Fehlverhalten des Versicherungsnehmers in einem kausalen Zusammenhang zur Feststellung des Versicherungsfalles oder der Versicherungsleistung oder zum Umfang der Versicherungsleistung stand.