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AG München (Az. 331 C 12987/13)

Eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer muss von Autofahrern beim Ein- und Aussteigen ausgeschlossen werden können

Wer am öffentlichen Straßenverkehr in Deutschland teilnimmt, dem obliegen besondere Sorgfaltspflichten. Das beginnt mit dem Umstand, stets im Besitz seiner vollständigen geistigen und körperlichen Kräfte sein zu müssen und reicht bis hin zur Bestimmung, nur mit einem versicherten und verkehrstüchtigen Fahrzeug unterwegs sein zu dürfen. Und selbst dann, wenn der Verkehrsteilnehmer lediglich am ruhenden Verkehr teilnimmt, muss er die Gefährdung anderer Autofahrer ausschließen können. Ansonsten verletzt er seine Sorgfaltspflicht. Ein gutes Beispiel dafür ist das Öffnen und Schließen der Türen. Wer hier nicht aufpasst, verursacht schnell durch den von hinten herannahenden Verkehr einen Unfall mit entsprechend hoher Schadensumme.

Einen derart gelagerten Fall hatte das AG München zu klären. Folgender Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde:

Die Ehefrau eines Fahrzeughalters stellte das Fahrzeug auf der Ottobrunner Straße in München in einer längs zur Fahrbahn befindlichen Parkbucht ab. Es herrschte zäh fließender, teils stockender Verkehr. Im dem Moment, als die Frau in ihr Fahrzeug einstieg, hielt neben ihrem Fahrzeug ein LKW, der Abstand betrug etwa 50 cm. Als die Frau bereits in ihr Fahrzeug eingestiegen war, die Fahrertür aber noch offen stand, setzte sich der LKW wieder in Bewegung und erfasst daraufhin mit dem hinteren Ende des Sattelaufliegers die geöffnete Fahrertür. Es kam zu einem Schaden in Höhe von rund 3.500 Euro.

Der Halter des beschädigten Fahrzeugs verlangte von der gegnerischen Versicherung die Regulierung dieses Schadens. Seiner Meinung nach hätte der Schaden vermieden werden können, wenn der Fahrer des Lastwagens vor dem Anfahren in den rechten Seitenspiegel geschaut hätte. Die Versicherung des LKWs bestritt dies und weigerte sich, die Regulierung des Schadens vorzunehmen. Schließlich ging der Fall vor Gericht.

Die Richter gaben der Klage des Fahrzeughalters nicht statt. Sie beriefen sich dabei auf § 14 StVO, nachdem sich jeder Verkehrsteilnehmer vor dem Ein- und Aussteigen in sein Fahrzeug zunächst vergewissern muss, dass er keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet. Diese Sorgfaltspflicht sei in dem hier vorliegenden Fall verletzt worden.

Weiterhin betonte das Gericht, die Sorgfaltspflicht bestehe für den gesamten Ein- und Aussteigevorgang und somit für alle Vorgänge, die damit in einem zeitlichen und/oder örtlichen Zusammenhang stehen. Insbesondere der Vorgang des Einsteigens sei erst mit dem vollständigen Schließen der Fahrertür abgeschlossen. Werde im Vorlauf des Einsteigens ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt, so spreche der „Beweis des ersten Anscheins“ dafür, dass der Einsteigende hier seine Sorgfaltspflicht verletzt habe.

Klage des Fahrzeughalters wurde abgewiesen

Aufgrund des beschriebenen Sachverhalts kam das Gericht zu der Ansicht, dass die Ehefrau des Fahrzeughalters die alleinige Schuld an diesem Unfall trage. Somit müsse sie bzw. ihr Mann auch zu 100 % für den aufgetretenen Schaden an ihrem Fahrzeug selbst haften. Auch die Haftung für den Schaden am LKW sei dem Kläger aufzuerlegen, auch wenn sich dieser Schaden lediglich im Minimalbereich bewegt.

Die Sorgfaltspflicht der Fahrerin wäre erfüllt gewesen, wenn sie bei einem offensichtlich nicht ausreichendem Abstand zu einem neben ihrer Fahrertür haltenden Fahrzeug gewartet hätte, bis sich der Verkehr wieder in Bewegung setzt und sich der Abstand zu seitlich fahrenden oder haltenden Fahrzeugen wieder auf ein vertretbares Maß vergrößert.