Unfallflucht – kein Kavaliersdelikt

Die Meinungen darüber, wann eine Unfallflucht vorliegt, klaffen weit auseinander. Dabei kennt der Gesetzgeber in dieser Hinsicht nur einen minimalen Spielraum. Selbst bei landläufig als Lappalie oder Kavaliersdelikt bezeichneten Vorfällen gilt: Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt – und sei es nach einem simplen Parkrempler – macht sich strafbar und muss mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen. Das reicht bis hin Verlust des Führerscheins. Damit nicht genug, meldet sich bei Unfallflucht auch die Kfz-Versicherung zu Wort.

Was gilt als unerlaubtes Entfernen vom Unfallort?

Den rechtlichen Rahmen steckt Paragraph 142 des Strafgesetzbuches (StGB) ab. Demnach ist man als Unfallbeteiligter verpflichtet, Angaben zur Person, zum Fahrzeug und zur Beteiligung am Unfall zu machen. Sofern der Geschädigte nicht vor Ort ist, muss eine angemessene Zeit gewartet werden, um die entsprechenden Informationen austauschen zu können. Verlässt man den Unfallort trotz Wartefrist unverrichteter Dinge, verlangt der Gesetzgeber, eine nachträgliche Feststellung der Daten und des Unfallhergangs zu ermöglichen. Dazu reicht es, bei der einer Polizeidienststelle vorzusprechen und die Beteiligung am Unfall einzuräumen. Darüber hinaus ist auch der § 34 Straßenverkehrsordnung (StVO) zu beachten. Ein Verstoß gegen diesen würde eine Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeige nach sich ziehen.

Entscheidend ist in dem Zusammenhang, dass jemand geschädigt wurde. Das kann schlimmstenfalls ein Personenschaden sein, aber auch eine kleine Delle an der Tür, weil man beim Ausparken nicht aufgepasst hat. Selbst eine Schramme an einem Baum gilt als Schaden, zumal das Forstamt oder die zuständige Behörde eingreifen und den Baum gegebenenfalls behandeln muss. Ausnahmen, bei denen Gerichte keine Strafen verhängen, gibt es nur sehr wenige. Das gilt zum Beispiel für ein zerbeultes Nummernschild oder ganz generell Sachschäden unter 25 Euro. Nichtsdestotrotz sollte man auch Kleinigkeiten nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wer vorsätzlich den Unfallort verlässt, muss immer mit einer Anzeige rechnen.

Wie verhält man sich nach einem Unfall richtig?

Wie man sich richtig verhält, geht – zumindest in groben Zügen – ebenfalls aus Paragraf 142 der Straßenverkehrsordnung hervor. Unabhängig davon, ob man nun als Fußgänger, Rad- oder Autofahrer an einem Unfall beteiligt ist: Man muss am Unfallort bleiben. Das hat zwei Gründe. Zum einen ist man verpflichtet, zu erklären, dass man möglicherweise am Unfallhergang beteiligt war. Das ist nicht zu verwechseln mit einem Schuldeingeständnis. Zum anderen müssen die Personalien, die Daten zum Fahrzeug und die Art der Beteiligung am Unfall aufgenommen werden. Das setzt voraus, dass der Geschädigte ebenfalls anwesend ist. Anderenfalls heißt es, eine "angemessene Zeit" zu warten. Sofern es sich nicht um einen Personenschaden handelt, reichen nach allgemeinem Rechtsverständnis 30 Minuten. Mit dem berühmten Zettel unter dem Scheibenwischer ist es dann allerdings nicht getan. Verstreicht die Zeit, ohne dass der Geschädigte kommt, muss man sich an die Polizei wenden und die nächste Dienststelle aufsuchen, um seinen Pflichten als Unfallbeteiligter nachzukommen. Wichtig: Wer sich nicht sicher ist, ob er korrekt handelt, sollte auf jeden Fall die Polizei informieren.

Welche Konsequenzen hat eine Unfallflucht?

Hält man sich nicht an diese Spielregeln, wird es kritisch. Strafrechtlich ergeben sich folgende Konsequenzen:

  • Es droht eine Geld- oder Freiheitsstrafe, abhängig vom Vergehen. Wurden Personen schwer verletzt oder gar getötet, ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorgesehen.
  • Bei Sachschäden über 1.300 Euro und/oder Schwerverletzten und Unfalltoten kann zudem der Führerschein entzogen werden. Liegt der Schaden unter 1.300 Euro, ist zumindest mit einem dreimonatigen Fahrverbot zu rechnen.
  • Zusätzlich gibt es Punkte in Flensburg.

Gleichzeitig wird auch die Kfz-Versicherung aktiv, wenn der Vorwurf der Unfallflucht im Raum steht. Denn als Versicherungsnehmer ist man verpflichtet, Schäden umgehend zu melden, damit der Sachverhalt schnell geklärt werden kann. Verstößt man gegen diese Obliegenheiten, hat die Autoversicherung folgende Möglichkeiten.

  • Die Kfz-Haftpflichtversicherung reguliert zwar den Schaden des Unfallgegners, kann den eigenen Versicherungsnehmer bei Unfallflucht allerdings bis zu 5.000 Euro in Regress nehmen. Und wie bei jedem Schaden geht es in der Schadenfreiheitsklasse um ein paar Stufen nach unten.
  • Die Vollkaskoversicherung, zuständig für die Schäden am eigenen Fahrzeug, kann die Leistung hingegen ganz oder teilweise verweigern.

Deshalb sollte man auch bei vermeintlichen Kleinigkeiten nicht einfach aufs Gas treten, sondern sich um den Schaden kümmern bzw. alles in die Wege leiten, damit der Schaden reibungslos reguliert werden kann. Wozu hat man schließlich die Kfz-Haftpflichtversicherung?

*)(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich
1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2. berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.