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Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 245/11)

Abzug von Eigenersparnis bei günstigerem Mietwagen nach Unfall abgelehnt

Ein Unfall ist immer ärgerlich. Auch wenn niemand verletzt wurde und nur Blechschaden entstand, wartet eine Menge Papierkram und unter Umständen auch Ärger mit den Versicherungen. Und außerdem fällt der eigene Wagen meist für einige Tage aus, weil er in der Werkstatt steht und repariert werden muss. Zum Glück gibt es Mietwagen. Grundsätzlich hat der Unfallgeschädigte Anspruch darauf, die Kosten für einen Mietwagen ersetzt zu bekommen. Doch Vorsicht: Gilt das auch dann, wenn der Geschädigte den Mietwagen aufgrund dringenden Bedarfs zu einem Unfallersatztarif anmietet?

Dazu muss man wissen: Der Unfallersatztarif ist ein Spezialtarif der Autovermieter für Ersatzwagen nach einem Unfall, dessen Kosten in der Regel deutlich über den eines herkömmlichen Mietwagens liegen. Die Autovermieter begründen dies mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand.

Schauen wir uns doch einmal den hier zugrunde liegenden Fall an: Es ging um die Anmietung von Ersatzfahrzeugen infolge von mehreren Verkehrsunfällen. Die betreffende Mietwagenfirma forderte jeweils Ersatz für die dadurch entstandenen Mietwagenkosten von der Haftpflichtversicherung der geschädigten Unfallbeteiligten. Die Versicherung jedoch weigerte sich, den teuren Unfallersatztarif zu erstatten und erstattete nur die üblichen Mietwagenkosten nach dem Normaltarif. Der Autovermieter wiederum berief sich darauf, dass jeweils klassenniedrigere Fahrzeuge angemietet worden seien, durch die den Unfallgeschädigten eine Eigenersparnis entstanden sei. Trotzdem konnten sich Versicherung und Mietwagenfirma nicht einigen, weswegen der Fall zunächst vor das Landgericht und dann vor das Oberlandesgericht Stuttgart ging. In letzter Instanz musste sich nun der Bundesgerichtshof damit beschäftigen.

Grundsätzlich, so die Richter am BGH, muss in einem solchen Fall das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachtet werden. Dies schließe auch ein, dass der Geschädigte unter mehreren Angeboten bzw. Tarifen, die auf dem Markt erhältlich sind, den günstigsten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs auswähle. Unter bestimmten Umständen sei es zulässig, dass der Geschädigte statt des Normaltarifs den wesentlich teureren Unfallersatztarif wählt, dann müsse aber eine sogenannte Eilbedürftigkeit vorliegen.

Diese Eilbedürftigkeit liege jedoch nicht vor, wenn – wie im hier verhandelten Fall – der Unfallgeschädigte erst am dem Tag nach dem Unfall einen Mietwagen anmiete. Grundsätzlich müsse die Anmietung bei einer nachweisbaren Eilbedürftigkeit immer noch am Tag des Unfalls geschehen, und teilweise werde die Eilbedürftigkeit noch nicht einmal dann anerkannt, wenn die Anmietung  beispielsweise erst mehrere Stunden dem Unfall erfolge.

Zur Frage der Eigenersparnis: Auch hier konnten die Richter am Bundesgerichtshof nicht den Ausführungen des Autovermieters folgen. Sie stellten fest, dass der Geschädigte grundsätzlich dazu berechtigt sei, ein gleichwertiges Fahrzeug zu seinem anzumieten. Entscheidet er sich jedoch dafür, ein einfacheres Fahrzeug anzumieten, so könne dies nicht in Form einer Eigenersparnis abgezogen werden, da der Schädiger ansonsten gleich mehrfach entlastet würde.

Fazit: Mietwagenunternehmen werden sich wohl in Zukunft genauer ansehen, unter welchen Umständen ein Unfallgeschädigter ein Fahrzeug anmietet. Erfolgt die Anmietung nicht unmittelbar nach dem Unfall, so dass eine Eilbedürftigkeit nachgewiesen werden kann, stehen die Chancen für den Autovermieter schlecht, dass dieser die deutlich höheren Kosten von der Versicherung des Unfallgeschädigten ersetzt bekommt. Und auch der Trick, ein etwas günstigeres Fahrzeug aus einer niedrigeren Klasse heranzuziehen, wird wohl in Zukunft nicht mehr so gerne genutzt werden.