Leistungen an den Geschädigten in der KFZ Haftpflicht

Inhaltsübersicht


Anders als in der Kaskoversicherung sind die Ansprüche geschädigter Dritter in der KFZ-Haftpflicht nicht durch die Versicherungsbedingungen gestimmt – diese gelten für das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer, nicht aber gegenüber unbeteiligten Personen. Die Grundlagen der Entschädigungsansprüche sind  – leider relativ abstrakt – in den gesetzlichen Bestimmungen zu suchen. Relevant sind in diesem Zusammenhang vor allem das BGB und das Straßenverkehrsgesetz. Gemäß 249 BGB muss der Verursacher eines Schadens den Zustand wiederherstellen, der ohne das Schadenereignis bestehen würde. In der Praxis wird diese Wiederherstellung durch eine Entschädigungszahlung erreicht bzw. kompensiert.

Regulierung des Fahrzeugschadens

® Jörn Buchheim / Fotolia.com
Der Geschädigte hat Anspruch auf den Ersatz der am Fahrzeug entstandenen Schäden. Er kann dabei selbst wählen, ob er das Fahrzeug tatsächlich reparieren und sich die Reparatur bezahlen lässt oder ob einer den Schaden von einem Gutachter schätzen und in bar auszahlen lässt. Es ist dem Geschädigten selbst überlassen, ob er sein Fahrzeug repariert, verkauft oder trotz Schaden weiter nutzt.

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Entscheidet er sich für eine tatsächliche Reparatur, kann er selbst wählen, welche Werkstatt er damit betrauen möchte. Der Haftpflichtversicherer kann nicht verlangen, dass die Reparatur in einer besonders kostengünstigen Werkstatt durchgeführt wird. Der Geschädigte ist auch nicht verpflichtet, vorab diverse Angebote einzuholen und die Preise intensiv zu vergleichen. Allerdings gilt auch für Unfallopfer eine Schadenminderungspflicht: Die Rechtsprechung hält Reparaturkosten jenseits von 130 Prozent des Fahrzeugwertes für unverhältnismäßig. Als Wert des Fahrzeugs gilt dabei der Wiederbeschaffungswert. Der Versicherer darf einen Abzug „Neu für Alt“ vornehmen, wenn mit der Reparatur eine Werterhöhung einhergeht. Das ist der Fall, wenn Verschleißteile ersetzt werden, die ganz unabhängig vom Schadenereignis ohnehin regelmäßig erneuert werden müssen. Im Gegenzug hat der Geschädigte Anspruch auf einen Ersatz für den Status seines Fahrzeugs als „Unfallwagen“. Wurde ein Fahrzeug bei einem Unfall stark beschädigt, lässt sich sein Wert durch eine Reparatur nicht wieder vollständig herstellen. Die Differenz wird auch als merkantile Wertminderung bezeichnet und vom Sachverständigen geschätzt. Die Wertminderung ist bei kleinen Schäden ebenso nicht relevant wie bei Fahrzeugen, die mindestens fünf Jahre alt sind und/oder eine Laufleistung jenseits von 100.000 Kilometern absolviert haben. Um Ärger zu vermeiden, sollten Geschädigte von der gewählten Werkstatt eine sehr detaillierte Rechnung verlangen. Sonst kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn mehr Reparaturen durchgeführt werden als im Gutachten des Sachverständigen angenommen. Das ist nicht auszuschließen, weil manche Schäden erst im Laufe der Reparatur entdeckt werden. Dann trägt der Geschädigte gegenüber dem Versicherer die Beweislast dafür, dass diese Schäden in einem kausalen Zusammenhang mit dem Schadenereignis stehen. Fiktive Abrechnungen auf Gutachterbasis sind bei Versicherern nicht sonderlich gern gesehen – zu groß ist in der Branche die Sorge vor Betrug und Missbrauch – auch durch (vorgebliche) Unfallopfer. Spätestens ab einem vierstelligen Entschädigungsbetrag sehen die Gutachter der Unternehmen genau hin. Bei einer fiktiven Abrechnung müssen die günstigsten, in der Region des Versicherungsnehmers üblichen Stundenlöhne einer Fachwerkstatt zugrunde gelegt werden. Zudem gilt nicht die großzügige Obergrenze von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes. Wird das beschädigte Fahrzeug veräußert, ergibt sich die Entschädigungshöchstgrenze aus der Differenz von Wiederbeschaffungswert und Restwert. Repariert der Geschädigte das Fahrzeug selbst, entspricht sie dem Wiederbeschaffungswert.

Weitere Sachkosten

Der Versicherer übernimmt über die Kosten der Fahrzeugreparatur einige weitere Kosten. Dazu zählen die Gebühren für die Abmeldung des Fahrzeugs und die Anmeldung des neuen Fahrzeugs (bei Totalschaden), die Abschleppkosten vom Unfallort zu einer Fachwerkstatt und die Kosten für einen Mietwagen (in der Regel bis zu zwei Wochen). Der Anspruch auf einen Mietwagen setzt voraus, dass dieser tatsächlich benötigt wird. Ist der Geschädigte unfallbedingt dazu gar nicht in der Lage, steht ihm auch kein Mietwagen zu. Im Sinne der Schadenminderungspflicht sieht es die Rechtsprechung zudem als zumutbar an, anstelle eines Mietwagens auf Taxifahrten umzusteigen, wenn lediglich kleinere Fahrten anfallen. Geschädigte sind gut beraten, einen Mietwagen aus einer Fahrzeugklasse unterhalb der Klasse ihres eigenen Fahrzeugs anzumieten. Ansonsten verlangen viele Versicherer einen Ersatz für den vermiedenen Verschleiß. Anstelle eines Mietwagens kann eine Tagespauschale für jeden Tag vereinbart werden, den das beschädigte Fahrzeug nicht zur Verfügung steht. Bei  einem Kleinwagen beträgt diese Pauschale etwa 25 bis 30 Euro am Tag, bei Limousinen der Oberklasse bis zu 100 Euro und mehr am Tag. Der Versicherer ist grundsätzlich auch verpflichtet, Rechtsanwaltsgebühren zu bezahlen, die dem Geschädigten im Zusammenhang mit dem Unfall entstehen. Der Geschädigte muss aber damit rechnen, selbst einen Teil der Gebühren übernehmen zu müssen, wenn sich im weiteren Verlauf der Schadenaufklärung herausstellt, dass ihn eine Mitschuld am Unfall trifft.

Entschädigung bei Personenschäden

 Der Anspruch des Geschädigten umfasst auch Entschädigungen für erlittene Personenschäden. Relevant sind in der Praxis vor allem Schmerzensgeld, Entschädigungen für unfallbedingte Einkommensverluste sowie die kosten notwendiger medizinischer Maßnahmen. Das Schmerzensgeld soll einen Ausgleich für das erlittene Leid darstellen. Naturgemäß lässt sich das erlittene Leid nicht exakt quantifizieren. Deshalb orientieren sich Versicherer und Gerichte an Präzedenzfällen. Der ADAC gibt eine Schmerzensgeldtabelle heraus, in der Entscheidungen aus der Rechtsprechung zusammengefasst sind. Die wichtigsten Faktoren für die Berechnung eines angemessenen Schmerzensgeld sind bleibende Schäden, die Dauer eines etwaigen Krankenhausaufenthaltes, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und nachgewiesene psychische Beeinträchtigungen infolge des Schadenereignisses. Der Geschädigte muss seine behandelnden Ärzte ggf. von der Schweigepflicht entbinden, damit diese ein Gutachten für den Versicherer anfertigen können. Deutsche Gerichte stehen Geschädigten üblicherweise keine horrenden Schmerzensgelder zu. Beträge im sechsstelligen Bereich sind die absolute Ausnahme und allenfalls bei extremen Unfallfolgen denkbar. Deutlich leichter als Schmerzensgeld lassen sich Verdienstausfälle in ihrer Tragweite bemessen. Einem Arbeitnehmer entsteht ab der 7. Krankheitswoche ein Verdienstschaden, weil dann sein Entgeltanspruch in Anspruch auf Krankengeld mündet, das nur 80 Prozent des Einkommens beträgt.  Die Krankenkasse und der Arbeitgeber können ihren durch den unfallbedingten Ausfall entstandenen Schaden allerdings ebenfalls gegen den Versicherer geltend machen. Bei Selbständigen wird der Verdienstausfall üblicherweise am zu erwartenden Gewinn bemessen, der im Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit erzielt worden wäre. Die Erstattung der Heilbehandlungskosten erfolgt nur bei Privatpatienten direkt zulasten des Versicherers. Gesetzlich versicherte Patienten müssen nicht in Vorleistung treten. Ihre Krankenkasse kann den Versicherer allerdings für die entstandenen Kosten in Regress nehmen.

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