R+V-Versicherung begräbt Pay as you drive-Pläne

Pay-As-You-Drive
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Es sollte die Grundlage für die Beitragsberechnung in der Kfz-Versicherung deutlich verbessern und die Tarifeinstufung genauer machen. Durch die Ermittlung von Daten über den Fahrstil sollte mittels Telematik-Geräten in deutschen Autos eine individualisierte Gestaltung der Versicherungsbeiträge möglich sein. Doch Pay as you drive kommt nicht an hierzulande, dies zeigen zumindest die Ergebnisse eines Tests auf, den die R+V-Versicherung durchgeführt hat.

Eine große Idee wird zu Grabe getragen

Ein riskanter Fahrstil verteuert die Kfz-Versicherung. Wer vorbildlich fährt, muss hingegen weniger bezahlen für seine Autoversicherung. Dies hört sich nach einer großen Idee an, doch die tatsächliche Umsetzung in einem Test der R+V-Versicherung hat dazu geführt, dass deutlich wurde:  die Autofahrer in Deutschland wollen eine solche Einstufung nach dem "Zahle, wie du fährst", wie  Pay as you drive auf gut Deutsch bezeichnet werden könnte, nicht.

Die R+V-Versicherung hat sich deshalb eigenen Angaben nach dazu entschieden, die Pläne für das Anbieten solcher auf den Fahrstil der Versicherten aufbauenden Kfz-Versicherung zu begraben. Dies aus gleich zwei Gründen: die mangelnde Akzeptanz der Autofahrer wie der ungenügenden Ausbeute an Daten, die nicht ausreichen, um eine wirkliche Basis für solche Pay as you drive-Tarife zu bilden.

12 Monate Test sind Geschichte

In einem Feldversuch, der von April 2013 bis März 2014 lief, hatte die R+V-Versicherung 1.500 Autos mit einer Telematik-Box ausgestattet, mittels der die relevanten Daten dann übertragen wurden. Das Ziel der Studie war laut Projektleiter Marc-Oliver Matthias eindeutig. Matthias: "Wir wollten wissen, ob die Daten wirklich zur Risikokalkulation geeignet sind. Konkret: Ob wir damit nach dem Beispiel ausländischer "Pay as you drive"-Konzepte (PAYD) individuelle Versicherungstarife anbieten können."

Neben der Überprüfung der Datenbasis wurden die rechtlichen Aspekte in Sachen Datenschutz geprüft. Zudem wurden die Teilnehmer der Studie am Ende befragt, welche Umstände sie dazu bewegen könnten, einen solchen Telematik-Tarif abzuschließen.

Im Rahmen des Feldversuchs zum PAYD wurde den Kunden ermöglicht, ihre eigenen Fahrdaten im Internet abzurufen. Dazu erhielten sie Serviceleistungen, die kostenlos waren: eine Diebstahlortung, einen Notruf bei Unfall, der automatisch ausgelöst wird sowie ein elektronisches Fahrtenbuch. Dabei hatte die Transparenz für die R+V-Versicherung eine große Bedeutung. Projektleiter Matthias dazu: "Sonst funktioniert das System nicht. Der Kunde möchte mehr wissen als: "Ihr Risikoscore ist 83.""

Ungenügende Datenbasis für eine Kalkulation der Versicherungstarife

Neben der Bereitschaft der Kunden, eine solche Versicherung abzuschließen, ist natürlich die Ausbeute an Daten, die dann eine Auswertung wie eine Einstufung in einen bestimmten Versicherungstarif möglich machen, wichtig.

Doch genau diese Daten kamen nicht in dem Maße zusammen, wie es notwendig gewesen wäre. Was ein wichtiger Grund für die Versicherung war, nach dem einjährigen Feldversuch auf die Einführung solcher auf Pay as you drive-Daten basierender Tarife für die Kfz-Versicherung zu verzichten.

Marc-Oliver Matthias von der R+V-Versicherung dazu: "Die Systeme haben eindeutig Grenzen. Darüber hinaus fehlen die Bewertungsgrundlagen und Schadenerfahrungen, um die Daten sinnvoll auszuwerten."

Autofahrer haben kein Interesse an Pay as you drive-Tarifen

Aber es waren letztlich nicht nur die mangelnden Daten und damit die schlechtere Auswertung und so nur schwer mögliche passende Einstufung der Versicherungstarife. Sondern auch die Tatsache, dass eine Befragung der Feldversuch-Teilnehmer, die nach dem Ende des Tests von der R+V-Versicherung in Zusammenarbeit mit dem Institut für strategische Marktanalysen und Systeme (ISMAS) der Hochschule Rhein-Main durchgeführt wurde, kein positives Bild für die PAYD-Tarife erbrachten.

Zwar waren 60 Prozent der Teilnehmer des einjährigen Feldversuchs mit der Telematik-Box der Ansicht, dass ihre Versicherungsprämie dann niedriger ausfallen würde bei der Nutzung eines solchen Tarifs. Dennoch würden nur 35 Prozent einen solchen Tarif dann auch wirklich abschließen. Hier zeigte sich zugleich, dass die Zustimmung umso geringer war, je detaillierter die Daten sein würden, welche über die Telematik-Box erfasst werden könnten.

Werden andere Autoversicherer nachziehen?

1.500 Autos und 25 Millionen gefahrene Kilometer. Nach einem Jahr des Feldversuchs zeigte sich für die R+V-Versicherung, dass die Einführung eines Pay-as-you-drive-Tarifs in der Kfz-Versicherung bei ihr nur wenig Sinn machen würde. Damit hat der drittgrößte der Kfz-Versicherer in Deutschland seine Pläne zur Einführung von PAYD zu Grabe getragen.

Es ist zu vermuten, dass andere Autoversicherer eine ähnliche Entscheidung treffen werden. Denn solange sich zwei Probleme ergeben: die mangelnde Akzeptanz der Autofahrer selbst sowie die mangelnde Datenbasis, die nicht ausreicht um tatsächliche Einstufung vornehmen zu können, werden PAYD-Tarife weder in der Kfz-Haftpflicht noch in der Kaskoversicherung einen wirklichen Sinn machen.