Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 211/15)
Autokäufer dürfen auch bei kleinen Mängeln die Zahlung des Kaufpreises verweigern
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mit der Frage beschäftigen, wie weit ein Autohändler in der Pflicht ist, einen Neuwagen ohne jeglichen Mangel oder Schaden auszuliefern (AZ VIII ZR 211/15).
Der Sachverhalt
Der Beklagte hatte bei einem Autohändler einen fabrikneuen Fiat gekauft. Das Fahrzeug sollte von einer Spedition am Wohnort des Käufers ausgeliefert werden. Auftraggeber der Spedition war der Autohändler. Bei Auslieferung des Fahrzeugs wies das Auto einen Lackschaden an der Tür auf. Der Lieferschein des Spediteurs trug den Vermerk „Delle an der Fahrertür, Kosten für Ausbesserung übernimmt <Klägerin>“.
Der Beklagte teilte der Klägerin mit, dass er den Wagen zurückweise und den Kaufpreis nicht bezahlen werde. Die Klägerin beharrte darauf, dass es sich um einen Bagatellschaden handle und forderte die unverzügliche Überweisung des Kaufpreises ein.
Der Beklagte übersandte daraufhin den Kostenvoranschlag eines Lackierbetriebes in Höhe von 528,30 Euro. Der Autohändler erklärte sich bereit, bei Vorlage der Originalrechnung 300 Euro ohne Schuldanerkenntnis zu übernehmen. Es kam zu keiner Einigung. Im August 2013 holte die Klägerin das Fahrzeug beim Beklagten wieder ab, besserte den Schaden aus und lieferte den Wagen im Oktober 2013 wieder an den Beklagten aus.
Der Käufer entrichtete darauf hin den gesamten Kaufpreis. Der Fall war damit allerdings noch nicht erledigt, da der Autohändler weitere Kosten in Höhe von 1.138,64 Euro geltend machte. Damit sollten die Rückholung und erneute Anlieferung des Wagens, Standgeld und Verzugszinsen auf den Kaufpreis beglichen werden. Da der Käufer sich weigerte, den Mehrbetrag zu entrichten, klagte der Autohändler, allerdings in den Vorinstanzen erfolglos.
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Das Urteil des BGH
Der achte Senat des BGH, auch für Kaufrecht zuständig, entschied, dass der Käufer auch bei noch so einem kleinen Mangel das Fahrzeug zurückweisen darf und den Kaufpreis nicht bezahlen muss. Dieser Sachverhalt hat bis zur Mängelbeseitigung Bestand.
Paragraf 433 Abs. 1 Satz 2 BGB besagt, dass der Verkäufer eine Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln liefern muss.
[1] Bis dahin hat der Käufer das Recht, den Kaufpreis zurückzuhalten.
[2] Ebenso darf er die Annahme des Fahrzeuges verweigern.
[3] Dieses Recht steht dem Verkäufer zu, ganz gleich, ob es sich um einen gravierenden oder einen Bagatellmangel handelt.
Der Ausübung des Zurückhaltungsrechtes können zwar, beispielsweise im Hinblick auf Treu und Glauben, Schranken gesetzt werden. Dies käme aber im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, da die Klägerin dem Beklagten nicht von sich aus eine Mängelbeseitigung angeboten habe, lediglich die Kostenübernahme.
Damit kam sie ihrer Erfüllungspflicht als Verkäufer nicht nach. Die reine Kostenübernahme für eine Schadensbeseitigung sei dem Käufer nicht zuzumuten, da es Sache des Verkäufers sei, den ordnungsgemäßen Zustand des Wagens bei Auslieferung sicherzustellen.
Die Richter kamen auch zu dem Schluss, dass die Klägerin nur eine unzureichende Bereitschaft zur Mangelbeseitigung durch die Obergrenze von 300 Euro für die Reparatur zeigte. Damit habe sie das Risiko der Werkstattkosten und einer unsachgemäßen Auftragsausführung auf den Käufer abwälzen wollen.
Ebenso seien die geltend gemachten Kosten abzulehnen, da diese mit einer Auslieferung des erworbenen Fahrzeugs in einwandfreiem Zustand im direkten Zusammenhang standen. Damit waren sie automatisch Sache des Verkäufers. Die Klage wurde daher auch vom BGH abgewiesen.
Weiterführende Informationen
[1] Dejure.org: Paragraf 433 Abs. 1 Satz 2 BGB
[2] Dejure.org: Paragraf 320 Abs. 1 Satz 1 BGB: Zurückhaltung des Kaufpreises
[3] Dejure.org: Paragraf 273 Abs. 1 BGB: Recht auf Abnahmeverweigerung