Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 191/15)
Lange Standzeit zwischen Herstellung und Erstzulassung stellt keinen KfZ-Sachmangel dar
Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich mit der Frage, ob ein Gebrauchtwagen einen Sachmangel aufweist, wenn dieser zwischen Herstellung und Erstzulassung eine Standzeit von mehr als zwölf Monaten aufweist.
Geklagt hatte der Käufer eines Gebrauchtwages, der diesen im Jahr 2012 für mehr als 30.000 Euro erwarb. Im Kaufvertrag wurde als Datum der Erstzulassung der 18. Februar 2010 angegeben, das Baujahr wurde jedoch nicht genannt.
Es stellte sich heraus, dass das Fahrzeug am 1. Juli 2008 hergestellt worden war. Die lange Standzeit (knapp 20 Monate) vor der Erstzulassung stellte für den Kläger einen Sachmangel dar, weswegen er vom Kaufvertrag zurücktrat und die Rückzahlung des Kaufpreises verlangte.
Vor dem Landgericht wurde der Klage stattgegeben, vor dem Oberlandesgericht jedoch auf Berufung der Fahrzeugverkäuferin wieder abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hatte nun über den Fall zu befinden und entschied, dass eine Standzeit von mehr als zwölf Monaten zwischen Herstellung und Erstzulassung nicht ohne Weiteres einen Sachmangel begründet.
In der Begründung hieß es, dass die Standzeit von knapp 20 Monaten nicht dazu führte, dass der Wagen sich nicht mehr für die gewöhnliche Verwendung eignete. Auch die zu erwartende Beschaffenheit des Wages wurde durch die lange Standzeit nicht beeinträchtigt.
Auch machte die angeklagte Verkäuferin des Wagens durch den einschränkenden Passus „Erstzulassung lt. Fzg.-Brief“ deutlich, dass sie weder für die Richtigkeit des Erstzulassungsdatums oder des Baujahrs garantieren kann. Eine sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung ist somit nicht zustande gekommen.
In früheren Urteilen wurde entschieden, dass der Käufer eines Neu- oder Jahreswagens erwarten darf, dass die Standzeit vor Erstlassung zwölf Monate nicht überschreitet – vor allem, da der Alterungsprozess bei neuen Fahrzeugen eine starke wirtschaftliche Komponente darstellt. Für Gebrauchtwagen jedoch lässt sich diese Aussage nicht allgemein gültig treffen.
Ist das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Kaufs bereits längere Zeit für den Straßenverkehr zugelassen und hat es einiges an Laufleistung erreicht, verliert die Standzeit vor Erstzulassung zunehmend an Bedeutung, hieß es in der Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs.
Weiterführende Links
Bundesgerichtshof – Pressemitteilung zum vorliegenden Fall