Neben Typ- und Regionalklassen bestimmen weitere Merkmale die Prämienhöhe. Zu den wichtigsten zählt der Beruf. Die meisten Versicherer arbeiten mit vier Berufsgruppen und gewähren Landwirten, Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst sowie Beschäftigten bei privatisierten Staatsunternehmen Rabatte auf den regulären Beitrag.
Eine verpflichtende Grundlage gibt es seit der Liberalisierung des Marktes dafür nicht mehr. Die Versicherungswirtschaft sieht einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Beruf des Versicherungsnehmers und der Schadenhäufigkeit. Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass auch andere Überlegungen die Rabatte von 10-20 Prozent für Beamte gegenüber der Berufsgruppe „alle übrigen Berufsgruppen“ begründen. Möglicherweise sind Beamte zuverlässigere Beitragszahler, möglicherweise weisen sie auch eine höhere Preissensitivität auf.
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Berufsgruppen in der KFZ-Versicherung
Die meisten Versicherungsunternehmen kategorisieren die Berufsgruppen nach wie vor so. wie es vor der Liberalisierung des Marktes durch die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bestimmt war. Die Bedingungen für die Einstufung in eine bestimmte Berufsgruppe sind im Anhang der Versicherungsbedingungen aufgeführt.
In Tarifgruppe A werden Landwirte und Gartenbaubetriebe eingestuft. Der Tarif gilt für PKW (nicht landwirtschaftliche Maschinen!) landwirtschaftlicher Unternehmer. Diese müssen die Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft oder der Gartenbauberufsgenossenschaft vorweisen können und ihren Betrieb selbst bewirtschaften. Landwirtschaftliche Betriebe müssen eine Mindestgröße von ½ Hektar vorweisen, für Gartenbaubetriebe beträgt die Mindestgröße 2 Hektar. Ebenfalls zur Tarifgruppe A zählen Landwirte in Pension und nicht berufstätige Witwen und Witwer von Landwirten. Die Vergünstigung der Berufsgruppe A gilt ausschließlich für die KFZ-Haftpflichtversicherung. Der Nachweis für das Erfüllen der Aufnahmekriterien kann beispielsweise durch eine Bestätigung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft erbracht werden.
In Tarifgruppe B werden Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes sowie einiger weiterer Arbeitgeber eingestuft. Berechtigt sind Beschäftigte von Gebietskörperschaften (Bund, Bundesländer), Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentliches Rechts (Universitäten etc.). Auch wer bei einer juristischen Person arbeitet, an der die öffentliche Hand entweder durch Beteiligung am Grundkapital mit mehr als 50 Prozent oder durch Zuwendungen aus öffentlichen Haushalten mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent an den Mitteln des Unternehmens beschäftigt ist, erhält Vergünstigungen. Unter die Kriterien der Tarifgruppe B fallen überdies mildtätige, kirchliche und anerkannt gemeinnützige Einrichtungen. Den Tarifrabatt erhalten auch Familienangehörige und Witwen bzw. Witwer.
Die Tarifgruppe D steht allen Beschäftigten bei ehemals im Staatsbesitz und heute ganz oder teilweise privatisierten Unternehmen zu. Zu diesen Unternehmen zählen beispielsweise die Deutsche Telekom, die Deutsche Post, die Deutsche Bahn, die Lufthansa und Tochterunternehmen dieser Gesellschaften.
In Tarifgruppe R werden alle anderen Berufsgruppen zusammengefasst. Die Unterteilung der Versicherten nach Beschäftigungsstatus ist bislang nicht üblich. Zwar bieten einige Versicherungsunternehmen Tarife speziell für Akademiker oder bestimmte Berufsgruppen an. Einen signifikanten Zusammenhang zur Höhe des Beitrags gibt es üblicherweise aber nicht. R steht somit für „Rest“.
Wer in einer der Tarifgruppen A, B oder D eingestuft ist und die Voraussetzungen dafür zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erfüllt (zum Beispiel Kündigung durch ein Ex-Staatsunternehmen), ist diesbezüglich gegenüber dem Versicherer anzeigepflichtig. Der Versicherungsschutz steht in der Regel zwar nicht auf dem Spiel. Die meisten Versicherer verlangen aber recht üppige Konventionalstrafen.
Sonstige Tarifmerkmale
Je mehr Variablen in die risikoäquivalente Beitragsberechnung einfließen, desto gerechter wird die Beitragsgestaltung. Das jedenfalls behauptet die Versicherungswirtschaft. In den letzten Jahren, so scheint es, hat sich in der Branche ein regelrechter Wettbewerb um das Erfinden neuer Beitragsvariablen entwickelt.
Der Nutzen für den Kunden ist zweifelhaft. Zum einen führt das Dickicht der Tarifmerkmale zu Intransparenz. Zum anderen ist fraglich, ob bis ins letzte statistische Detail ausgefeilte Methoden tatsächlich zu mehr Beitragsgerechtigkeit führen oder ob sie nicht vielmehr Willkür begünstigen. Angesichts des intensiven Wettbewerbs auf dem deutschen Markt für KFZ-Versicherungen ist es nicht unwahrscheinlich, dass vielen Versicherungsunternehmen eine erschwerte Vergleichbarkeit ihrer Produkte mit jenen der Konkurrenz gelegen kommt.
Marktübliche sonstige Risikomerkmale sind zum Beispiel der Fahrerkreis und der gewöhnliche Abstellplatz des Fahrzeugs. Wird der Kreis der berechtigten Fahrer eingeschränkt, gewähren viele Versicherer einen kleinen Beitragsnachlass. Positiv wirkt es sich aus, wenn das versicherte Fahrzeug hauptsächlich in einer Garage untergestellt wird.
Etwas überraschend: Immobilienbesitzer können ihr Fahrzeug bei vielen Versicherern günstiger versichern als Mieter. Offenbar gibt es eine Statistik, die Eigentümern eine geringere Schadenhäufigkeit bestätigt. Kritisch nachfragen muss hier erlaubt sein: Handelt es sich wirklich um einen kausalen Zusammenhang oder lediglich um eine zufällige Korrelation?
Durchaus nachvollziehbar sind hingegen Kriterien wie das Alter des Fahrzeugs, die Jahresfahrleistung oder der Nachweis eines Sicherheitstrainings. Auch Rabatte für BahnCard-Besitzer und Inhaber von Jahreskarten für den öffentlichen Personennahverkehr erhalten bei vielen Anbietern kleine Preisnachlässe. Begründbar ist dies zum einen mit einer geringeren Kilometerleistung, zum anderen mit einer möglicherweise verstärkten Substitution des Fahrzeugs durch öffentliche Verkehrsmittel bei widrigen äußeren Umständen.
Auch das Geschlecht spielt eine Rolle: Frauen erhalten günstigere Tarife als Männer. Durch eine Weisung des Europäischen Gerichtshofes ist es ab Ende Dezember 2012 allerdings allen Versicherern in der EU untersagt, geschlechterabhängige Tarife anzubieten.